Über Symptome, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, im Volksmund „Schaufensterkrankheit“ genannt, informierten im „Forum Gesundheit“ zwei Experten: Dr. Patricia Schaub, Chefärztin der Klinik für Gefäßchirurgie, und Dr. Reimund Prokein, Leitender Arzt der Sektion Angiologie, beide tätig am St. Vincenz-Krankenhaus.Wer beim Gehen Schmerzen hat und deshalb immer wieder stehenbleibt, könnte ernsthaft erkrankt sein: an der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, abgekürzt pAVK. Da Betroffene dies oft zu kaschieren versuchen und unauffällig die Auslagen der Geschäfte studieren, wird die Erkrankung im Volksmund auch „Schaufensterkrankheit“ genannt. Doch sie ist keineswegs harmlos. Etwa 5 Millionen Deutsche leiden darunter. Das Erkrankungsrisiko steigt mit zunehmendem Alter. Männer über 55 und Frauen ab 65 Jahren sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Jeder Fünfte jenseits der 65 ist davon betroffen. Rund 30 Prozent der Patienten versterben innerhalb von fünf Jahren nach Diagnosestellung an Komplikationen des Herz-Kreislaufsystems wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Über Symptome, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten informierten im Rahmen des „Forum Gesundheit“ Dr. Patricia Schaub, Chefärztin der Klinik für Gefäßchirurgie, und Dr. Reimund Prokein, Leitender Arzt der Sektion Angiologie, beide tätig am St. Vincenz-Krankenhaus. Das „Forum Gesundheit“ ist eine Veranstaltungsreihe der Krankenhausgesellschaft St. Vincenz mbH, der NNP und der Kreisvolkshochschule Limburg-Weilburg, bei der den Besuchern medizinische Themen verständlich erläutert werden. Annegret Bausch von der Kreisvolkshochschule Limburg-Weilburg begrüßte die Besucher zum Vortrag, der in der Adolf-Reichwein-Schule stattfand.
Die Schaufensterkrankheit ist eine chronische Durchblutungsstörung überwiegend der Beine und der Beckengefäße, teilweise aber auch der Arme durch Engstellen oder Verschlüsse der versorgenden Arterien, wo sich verschiedene Zellablagerungen ansammeln. „Schmerzen beim Gehen, Durchblutungsstörungen, sind ein ernst zu nehmendes Alarmzeichen, das untersucht werden sollte“, so Prokein. Der typische Patient sei männlich, 65 und älter, oder weiblich, ab 75 Jahre, Bluthochdruckpatient, Raucher, zuweilen mit gestörtem Fettstoffwechsel und Diabetespatient. Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht und Bewegungsmangel. „Der größte Risikofaktor ist das Rauchen“, so Prokein. Sein eindringlicher Appell: ganz aufhören - nicht eine Zigarette pro Tag! Lange Zeit könne die Durchblutungsstörung symptomlos verlaufen, so der Angiologe. Anfangs komme es zu belastungsabhängigen Schmerzen, die schmerzfreie Wegstrecke verkürze sich zunehmend. Typischerweise ließen sich die Beschwerden reproduzieren, der Schmerz sei unterhalb der Verschlussstelle lokalisierbar. Schließlich träten auch Ruheschmerzen in Horizontallage auf, die sich besserten, wenn der Fuß nach unten hängt.
Bei einem entsprechenden Verdacht sollte man einen Arzt aufsuchen. Die Diagnosestellung erfolgt stufenweise gemäß Leitlinien: zunächst durch Puls- und Blutdruckmessungen an Armen und Füßen. Erst, wenn sich dies nicht als ausreichend erweist, werden weitere, bildgebende Verfahren angewendet. „Nicht jede Engstelle, die festgestellt wird, muss invasiv behandelt werden“, versicherte Prokein, es sei denn, sie verursacht Beschwerden. In allen Stadien empfahl er Gehtraining, denn der Körper sei in der Lage, durch Training neue Gefäße auszubilden, die die Engstelle überbrücken. Wenn ein Patient beispielsweise 200 Meter schmerzfrei gehen könne, empfahl er, nicht in den Schmerz hinein zu laufen, vielmehr nach 100 Metern flotten Schrittes eine kurze Pause einzulegen, wieder 100 Meter zu gehen, zu pausieren und so zu trainieren: drei bis viermal pro Woche jeweils 30 bis 60 Minuten, am besten in einer Gefäßsportgruppe. Bei typischen Symptomen einer pAVK sollte eine lebenslange Therapie mit einem Thrombocytenaggregationshemmer wie ASS und einem Cholesterinsenker, einem Stetin, erfolgen.
Die operativen und minimalinvasiven endovaskulären Therapien erläuterte Dr. Patricia Schaub. „Der Schmerz liegt immer eine Etage tiefer als der Gefäßverschluss“, so die Chefärztin. Schmerzten Wade, Oberschenkel oder Gesäß, sei die Engstelle im Becken, bei Beschwerden in Fuß oder Zehen, liege die Engstelle im Unterschenkel. Bei starker Einschränkung der Lebensqualität, beruflicher Notwendigkeit, Erfolglosigkeit der konservativen Methoden und starkem Patientenwunsch biete die Gefäßchirurgie verschiedene operative Möglichkeiten, die Engstelle zu beseitigen. In fortgeschrittenen Stadien mit Nekrose und Geschwüren sei ein Eingriff unvermeidbar. Im St. Vincenz bevorzuge man die minimalinvasive endovaskuläre Methode, da sie eine geringere Sterberate, weniger Komplikationen und einen nur kurzen Krankenhausaufenthalt bedeute. Außerdem bleibe die Möglichkeit zur offenen Chirurgie erhalten, so dass man jederzeit wechseln könne und der Eingriff sei sogar wiederholbar. Anschaulich erläuterte sie die verschiedenen Eingriffsmöglichkeiten mit Ballondilatation und Stent sowie die Atherektomie, eine Methode, bei der das Gefäß regelrecht freigefräst werde, was inzwischen auch mittels Laser erfolgen könne. Der einzige Bereich, in dem offen operiert werden müsse, sei die Leiste. Diesen Eingriff könne man jedoch kombinieren mit einem endovaskulären Eingriff, zum Beispiel im Becken oder Oberschenkel im Sinne eines Hybrideingriffes. Darüber hinaus können auch Bypässe gelegt werden – mit möglichst eigenem Material, Venen des Patienten. In nahezu allen Fällen könne heutzutage eine Amputation verhindert werden.
Bei Verdacht auf eine solche Durchblutungsstörung sollten sich Betroffene an ihren Hausarzt wenden und können mit Überweisung einen Termin vereinbaren unter (0 64 31) 2 92-44 11.
Risikofaktoren
-Rauchen- Diabetes mellitus - Bluthochdruck - Fettstoffwechselstörung - Übergewicht - Bewegungsmangel - Alter - familiäre Disposition
Empfehlungen der WHO zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen
- kompletter Nikotin-Stopp
- gesunde Ernährung (fünfmal am Tag Obst oder Gemüse, weniger als ein TL Kochsalz)
- Bewegung (wenigstens 30 min an den meisten Tagen; wenigstens eine Stunde an den meisten
- Tagen, um Gewicht zu halten)
- Übergewicht und Adipositas vermeiden
- Blutdruckreduktion unter 140/90 mmHg
- Senkung von Cholesterin und LDL
- Blutzucker-Einstellung