Bei jedem dritten Erwachsenen stellen Ärzte in Deutschland die Diagnose Bluthochdruck. Experten sind sich sicher: Die Dunkelziffer liegt noch höher. Denn Bluthochdruck verursacht meist über eine lange Zeit keine Beschwerden – viele wissen gar nicht, dass sie betroffen sind.
Wie man hohem Blutdruck vorbeugen kann, welche Personen besonders häufig betroffen sind und wie wir mit unserem Lebensstil den Blutdruck positiv beeinflussen können, darüber sprechen wir im Interview mit Dr. Stephan Walter, Chefarzt der Nephrologie am St. Vincenz-Krankenhaus Limburg und Leiter des dort integrierten zertifizierten Hypertonie-Zentrums.
Herr Dr. Walter, die Zahl der Bluthochdruckpatienten hat sich in den letztes 30 Jahren fast verdoppelt. Was ist Bluthochdruck und warum kommt er so häufig vor?
Dr. Walter: Blutdruck ist ganz allgemein der Druck, der in den Arterien entsteht, wenn das Herz Blut hindurch pumpt. Dieser Druck wird durch die Wandspannung der Gefäße, den Gefäßwiderstand, verstärkt. Der höchste Blutdruckwert, der sogenannte systolische Druck, wird während des Auswurfs des Blutes aus der linken Herzkammer erreicht, der niedrigste, der diastolische Druck, ist derjenige, der während der erneuten Füllung des Herzens noch in den Gefäßen herrscht.
Beim Bluthochdruck, der Hypertonie, sind diese Drücke erhöht. Die normale, in Ruhe gemessene Blutdruckhöhe ist altersabhängig. Durch Alterungsprozesse der Gefäße steigen die Drücke mit zunehmenden Alter an. Je nach Alter liegen diese Drücke zwischen etwa 120-140 mmHg für den oberen und 70-90 mmHg für den unteren Wert. In Ruhe mehrfach höher gemessene Werte bezeichnet man als Bluthochdruck.
Blutdruck ist eine häufige Erkrankung, die oft mit Faktoren wie einer ungesunden Lebensweise wie Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel und Stress zusammenhängt. In vielen Fällen liegt aber auch eine genetische Veranlagung oder eine andere Erkrankung, zum Beispiel der Nieren oder der hormonellen Drüsen dem Bluthochdruck zugrunde: die betroffenen Gene regulieren etwa die Verhältnisse von Blutdruck, Wasser- und Natriumausscheidung über die Nieren, andere beispielsweise die Empfindlichkeit der Gefäßmuskulatur.
Welche Auswirkungen hat Bluthochdruck auf den Körper?
Dr. Walter: Die arterielle Hypertonie schädigt die Gefäße und die dadurch versorgten Organe. Erkrankungen von Herz, Gehirn, Augen und Nieren sind die oft Folge. Bluthochdruck ist daher einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. So gehen viele Herzinfarkte, Schlaganfälle, Nierenschäden, aber auch z.B. Fälle von Demenz auf langjährigen Bluthochdruck zurück.
Hochdruckbedingte Nierenschäden bleiben oft lange unentdeckt, eine fortschreitende Einschränkung der Nierenfunktion kann leider bis zum Nierenversagen führen, das mit einer Blutwäsche (Dialyse) behandelt werden muss.
Wie kann Bluthochdruck diagnostiziert und behandelt werden?
Dr. Walter: Die gute Nachricht vorweg: Bluthochdruck ist gut behandelbar! Die weniger Gute: Die Erkrankungen macht sich oft erst bemerkbar, wenn der Schaden eigentlich schon angerichtet ist. Bluthochdruck bemerkt man anfangs oft nicht und wenn die ersten Beschwerden zu spüren sind, können die Erkrankung und ihre Folgen schon weit fortgeschritten sein.
Wichtig ist daher: Ab dem 40 Lebensjahr sollten Sie Ihren Blutdruck regelmäßig selbst messen oder beim Arzt messen lassen. Ist man familiär vorbelastet, sollte man schon früher starten. Denn je älter ein Mensch wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man einen Bluthochdruck entwickelt.
Die Behandlung der Hochdruckerkrankung umfasst meist eine Kombination aus Lebensstiländerungen und medikamentöser Therapie. Dazu gehören eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität, Entspannungsübungen, Gewichtsmanagement und die Vermeidung von Alkohol und Nikotin. Medikamente ergänzen diese Maßnahmen, indem sie zum Beispiel zu vermehrter Salzausscheidung über die Nieren führen oder aber die Wandspannung der Gefäße senken.
Ab wann sollte ein Patient zu Blutdrucksenkern greifen?
Eine medikamentöse Therapie ist dann angebracht, wenn ein Patient bereits einen stark erhöhten Blutdruck hat und z.B. akute Organschäden wie ein Schlaganfall drohen. Bei nur leicht erhöhtem Blutdruck kann man zunächst den Effekt einer Lebensstiländerung abwarten. Es gibt auch Begleiterkrankungen, die eine frühe medikamentöse Therapie sinnvoll machen. Andererseits gibt es Erkrankungen wie Hormonstörungen oder schlafbezogene Atemstörungen, die man zunächst behandeln kann, um den Bluthochdruck zu verbessern zum Verschwinden zu bringen. Das muss im Einzelfall der behandelnde Arzt nach sorgfältiger Diagnostik entscheiden.
Gibt es spezielle Maßnahmen zur Vorbeugung von Bluthochdruck?
Dr. Walter: Ja, wie bei so vielen Erkrankungen kann eine gesunde Lebensweise dazu beitragen, das Risiko von Bluthochdruck zu reduzieren. Dies umfasst eine ausgewogene Ernährung mit wenig Salz und gesättigten Fettsäuren, regelmäßige körperliche Aktivität, Stressmanagement und die Vermeidung von Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum.
Vielen Dank!