Hilfe für schwerstkranke und sterbende Menschen: Palliativ-Netzwerk Limburg-Weilburg unterstützt Betroffene in neuen Räumlichkeiten

Der Ärztliche Leiter Dr. Peter Schermuly (links) und der Pflegerische Leiter Andreas Ahlbach (3. v. l.), die zu den Initiatoren des Palliativ-Netzwerks Limburg-Weilburg gehören, dankten den Pflegekräften Sandra Müller-Funk (2. v. l.) und Tanja Ax (3. v. r.), den Fachärzten Dr. Paul Weidenbusch (Mitte) und Dr. Ralf Kittler (2. v. r.) für ihre Einsatztreue in über zehn Jahren sowie Prof. Dr. Thomas Neuhaus (rechts) für seinen informativen Fachvortrag. Foto: Dieter Fluck
09.12.23   |  Pressemitteilung

Von Dieter Fluck

Heutzutage ist es selbstverständlich, dass schwerstkranke und sterbende Menschen sowie deren Angehörige durch das Palliativ-Netzwerk Limburg-Weilburg rund um die Uhr professionelle Unterstützung erhalten. Den Grundstein legten Anfang 2007 in der Palliativmedizin und Schmerztherapie erfahrene Ärzte sowie Pflegekräfte, Mitarbeiter des ambulanten Hospizdienstes Limburg sowie in der Sterbebegleitung erfahrene Seelsorger mit einem Betriebswirt, einem Experte im Sozialrecht sowie einem Jurist.

Die Zeit war überreif“, mahnte damals Dr. Peter Schermuly mit deutlichen Worten die Dringlichkeit für das Palliativ-Netzwerk an. Er führte wie drei weitere beteiligte Ärzte die Zusatzbezeichnung „Facharzt für Palliativmedizin“ und kannte als Schmerzarzt das eklatante Defizit innerhalb des Versorgungssystems aus eigener Praxis nur zu gut.

 2007 war das Jahr, der Gesundheitsreform, in der ein Anspruch schwerstkranker Menschen auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung erstmals gesetzlich verankert wurde. Dennoch dauerte es weitere vier Jahre bis es nach mühsamen Verhandlungen mit den Primär- und Ersatzkassen zu einem Vertragsabschluss zwecks Übernahme der Kosten kam.

 Heute besteht das Palliativteam aus jeweils sieben Ärzten und Pflegepersonen, aus zwei Fachkräften für psycho-soziale Betreuung sowie zwei Mitarbeiterinnen, denen Verwaltung und Koordination übertragen sind. Darauf wies der Ärztliche Leiter Dr. Peter Schermuly in seinem Rückblick vor 50 Kolleginnen und Kollegen, Netzwerkpartner und Unterstützer des Palliativteams in den neu bezogenen Funktions- und Verwaltungsräumen in der Berner Straße 9 im ICE-Gebiet hin.

 90 Prozent aller Palliativteams, so auch Limburg-Weilburg, seien an Krankenhäuser angeschlossen, informierte Schermuly. Die Arbeit der seit 2009 unter dem Dach einer GmbH ausgeübten Tätigkeit werde in einer Zeit vieler Umbrüche im Krankenhaus- und Gesundheitswesen geleistet. Im Jahr 2021 seien das 810, im vergangenen Jahr schon 844 Personen gewesen, zeigte der Facharzt die Entwicklung von jährlich zehn Prozent auf und betonte zwei Auffälligkeiten: „Wir spüren  dadurch eine klare Tendenz zur kürzeren Versorgung. - Familien sind heute anders aufgestellt als noch vor 25 Jahren. Mehr Patienten entscheiden heute selbst, ob sie ins Hospiz gehen wollen.“

 „Die neu angemieteten Räume eröffnen uns die Chance, die Arbeit auf eine neue Basis zu stellen“, sagte Schermuly, der darauf hinwies, dass von Limburg das Aargebiet bis Hahnstätten mitversorgt werde. Es seien große Fahrleistungen zu erbringen. Etwa zehn Prozent der Patienten bedürften einer Spezialversorgung, 90 Prozent verblieben in der Versorgung durch die Hausärzte, „doch das wird zunehmend schwieriger“, so der Palliativleiter, der seinem gut funktionierenden Team für die Einsätze dankte. Die sehr gute Zusammenarbeit aller Beteiligten habe die Palliativ-Versorgung der Betroffenen wie auch die Situation der pflegenden Angehörigen und in den Pflegeinrichtungen verbessert.

 Die Meilensteine in der Entwicklung der onkologischen Versorgung führte Prof. Dr. Thomas Neuhaus, Chefarzt der Hämatologie, Internistischen Onkologie und Palliativmedizin am Limburger St. Vincenz-Krankenhaus, den Versammelten vor Augen. Das Spektrum der Möglichkeiten verschiedener Therapien habe sich gerade seit 1990 beträchtlich erweitert und bringe Patienten zusätzliche Lebensjahre. Allerdings seien damit auch die Kosten gestiegen. Hätten diese in der Chemotherapie für vier Behandlungszyklen 1990 noch 1.500 Euro betragen, so lägen die Kosten heute für ein breites Spektrum neu entwickelter Immuntherapien bei 30.000 bis 50.000 Euro.

 Neuhaus stellte verschiedene Therapieformen vor und wies darauf hin, dass die aktuelle Situation oft  keine Möglichkeit zulasse, Patienten in den überlasteten Zentren vorzustellen. „Die Onkologie lässt sich nicht auf wenige Standorte konzentrieren. Sie gehört in die Fläche“, mahnte der Chefarzt. mRNA-Impfstoffe, die zur Behandlung von Tumoren in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt wurden, stellten zwar ein weiteres Tool, aber kein Allheilmittel dar.

 In seinem lebhaften Vortrag befasste sich der Chefarzt mit dem Thema: „Wo steht der Patient und an welcher Stelle macht es Sinn, einen entsprechenden Therapievorschlag für die bestmögliche Behandlung zu machen. Diese Frage sei nie leicht zu beantworten. Auch der modernen Onkologie seien Grenzen gesetzt. Neuhaus: „Natürlich wird uns die Künstliche Intelligenz in der Medizin unterstützen, am ehesten in der Diagnostik seltener Krankheitsbilder. Aber sie wird in entscheidenden Momenten das Bauchgefühl der Mediziner nicht ersetzen.“ Dazu gehöre auch die ehrliche Aufklärung, wenn es keine bestmögliche Behandlung mehr gebe. Dann beginne die palliative Versorgung.

Zahlen und Fakten der SAPV

Die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) wird vom Arzt verordnet; die Krankenkasse übernimmt die Kosten. Das Ziel: Patienten bis zum Tod ein menschenwürdiges Leben in der vertrauten Umgebung zu ermöglichen, ob im Heim oder in den eigenen vier Wänden.

2022 hat das Palliativteam Limburg-Weilburg 844 Patienten betreut, 336 zu Hause (47,7 %), 266 (37,8 %) in Pflegeheimen, 97 (13,8 %) im Hospiz - sechs (0,9 %) auf der Krankenhaus-Palliativstation. Die durchschnittliche Versorgungszahl liege bei 16 Tagen. – Zusätzlich wurden 80 Beratungen durchgeführt. Es ist gelungen 106 Personen zu stabilisieren. 705 Patienten sind verstorben.